"THE CORNER"
Premiere: Jan. 2009 / Tanzhaus nrw, Düsseldorf
Dauer: ca. 60 Min.
Ludica. in Zusammenarbeit mit Kassandra Production
Konzept: Naoko Tanaka, Morgan Nardi, Sven Kuntu
Performance: Annika B. Lewis, Naoko Tanaka, Morgan Nardi
Lichtdesign: Tobias Heide
Sound-Assistenz: Siim Soop
Produktions-Assistenz: Wiebke Rompel
Koproduziert durch das tanzhaus nrw Düsseldorf, Kanuti Gildi Saal Tallinn/Estland,Kulturhus Aarhus /Dänemark, Centro Coreografico de Montemor-o-Novo/Portugal
Gefördert durch den Ministerpräsidenten des Landes NRW, die Kunststiftung NRW, das Kulturamt der Landeshauptstadt Düsseldorf,den Fonds Darstellende Künstee.V. und die Stiftung van Meeteren.
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Ein Künstler steht in der Ecke.Ist er das Opfer einer gesellschaftlichen Manipulation oder hat er sich selbst in diese Situation hineinmanipuliert? Auf alle Fälle weiss er, dass er sich verändern muss,um aus der Ecke wieder herauszukommen.Oder er rückt weiter in die Ecke hinein, um irgendwann endgültig zu verschwinden.So wie der estländische Musiker und Performer Sven Kuntu,der während der ersten Entstehungsphase von"The Corner"in Tallin unter mysteriösen Umständen verschwand und bis heute nicht wieder aufgetaucht ist...
In einer kreativen Verbindung von medialer und installativer Kunst,Tanz und Performance wird das klassische Thema „ In der Ecke stehen“dramatisch inszeniert.Inspiriert durch das beliebte Gesellschaftsspiel „Spiel des Lebens“entstand eine Produktion, die mit Humor, Fantasie und einem Schuss Gesellschaftskritik den Blickwinkel des Außenseiters thematisiert.Was wird geschehen, wer oder was geht verloren wenn das Kollektiv „Ludica.“ sich und sein Pubilkum dieses Mal in den Ecke stellt?
"THE CORNER" basiert auf den Resultaten der künstlerischen Begegnung von Ludica. mit dem estländischen Musiker und Performer Sven Kuntu und der dänischen Performerin Annika B. Lewis, die während des internationalen Research-Projektes "COLINA - Collaboration in Arts" im Jahr 2005 im tanzhaus nrw began.
Tourdaten
25. und 26. Februar 2010; Tafelhalle, Nürnberg (Tanzplattform Deutschland)
28.-31. Januar 2010; Dock 11, Berlin
15.-17. Oktober 2009; Commedia Futura in der Eisfabrik Hannover
16 und 17. Mai 2009; International theater festival, Aarhus Archauz, Dänemark
15. und 17. Januar 2009; tanzhaus nrw, Düsseldorf
Presse
Sand im Auge des Betrachters
Blick, Körper, Raum: Das Festival Temps d'Images. im Tanzhaus NRW widmete sich den blinden Flecken der Bildkultur
… Auch im Stück „The Corner" des Düsseldorfer Künstlerkollektivs Ludica, der ersten Festival-Premiere, klingt Musik von nebenan, als sei das Leben anderswo. Immer wieder öffnet sich die Tür in der Wand einen Spalt, gibt einen Lichtstrahl frei; aufdringlich muntere Musik und eine aufgedrehte italienische Stimme ertönt, Applaus. Die Tür aber ist nur eine Projektion auf der grauen Bühnenwand. Alle Aktionen der drei Darsteller auf der Bühne oder mit dem Publikum laufen ins Leere. Fragebögen werden verteilt, ausgefüllt, aber nicht eingesammelt. „What do you feel" sagt eine Stimme hundertmal, doch es ist keine Frage. Adjektive wie „happy" und „sweet" ploppen in altmodisch knalliger Werbeschrift auf die Rückwand. Die Darsteller in schwarzer Vermummung tun geschäftig; nichts passiert. Eine behördenartige Digitalanzeige zählt langsam und macht „ping". Das Dumpfe, Leere, das über der Lockerheit liegt, fühlt sich wie eine Art Blindheit an. Woanders hin zu wollen, aber nicht zu können - das macht diese Bühneninstallation auf verstörende Weise erfahrbar. Als Kritik am eigenen Medium Bühnen- und Bildunterhaltung ist „The Corner" konsequent unoriginell. …
Melany Suchy; Süddeutsche Zeitung Feuilleton 30.01.2009
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Ludica. "THE CORNER"
Wir wären gern drin, mittendrin. Denn drinnen geht's ab: Die Menschen grölen, jubeln, lachen. Eine E-Gitarre jault. Ein Mann (er muss ein Star sein!) redet mitdem Publikum, das auf jedes seiner Worte enthusiastisch reagiert. Man meint dieschweiß- und bühnennebel-getränkte Luft zu atmen, sieht sich selbst im bläulichen Licht des Konzertraums in der unruhigen Menge baden, hört sich kreischen, Biergeschmack auf der Zunge - Reizüberflutung, hochgepeitschte Emotionen, überwältigende Akustik ... Nichts da. Wir sind draußen. Sitzen mucksmäuschenstill auf unseren Theaterstühlen, vor uns ein aseptisch weißer Raum, keine Requisiten. Nur wenn die Projektion einer Tür sich quietschend öffnet, dringt der Lärm des Rock-Konzerts zu uns. Man hört das Johlen, die Musik - dann schlägt die Tür krachend zu. Wir gehören nicht dazu, sind die Lauscher an der Tür, sind: Außenseiter.
«The Corner», uraufgeführt im tanzhaus nrw von der Düsseldorfer Gruppe Ludica, widmet sich den Eckstehern und Randständigen, die für eine Gesellschaftunabdingbar sind. Der Außenseiter - in der Realität ist er meist einfach der Unsichtbare. Die Theorie verklärt ihn gern zum wahren Rebellen einer Gesellschaft.
Ludica greift in ihrer Installations-Performance dieses Klischee nicht auf. Außenseiter - das ist hier der aus seinem bisherigen Leben stürzende Lottogewinner ebenso wie der Amokläufer mit der Skimaske über dem Kopf oder der Raucher, der dem «Smoking»-Symbol hinterherläuft, bis es in unerreichbare Höhen entschwindet. So das Szenenmaterial für Lucias sanfte Satire, die mit sehr viel Humor das bedrohliche Potenzial in der Diskriminierung reflektiert und dabei gutgelaunt das Publikum erst anspielt - um es dann auszuspielen. Eckenstehen für die Besucher: Performer in schwarzen Kampfanzügen dirigieren die Zuschauer mit Türsteher-«Charme» auf die Spielfläche. Sie müssen den Rücken beugend in ein kleines Guckloch schauen. Dort sieht man: sich selbst. Den Hintern eines Menschen, der krummbucklig in ein Guckloch schaut.Bislang stand die 2001 von dem Choreografen Morgen Nardi und der Videokünstlerin Naoko Tanga gegründete Formation vor allem für rätselhafte Poesie,bei der man sich wirklich oft ausgschlossen fühlte. 2007 trafen sie auf denmittlerweile verstorbenen Komponisten Sven Kuntu, mit dem sie das Konzept zu «The Corner» entwickelten: die Interaktion mit dem Publikum zur demonstrativen Exkursion. Dieses Paradox funktioniert tatsächlich. Klug umtänzeln die Künstler den schmalen Grat zwischen aggressiver Abstoßung und Attraktion durch Humor. Am Ende klärt eine Leuchtschrift das geduldig ausharrende Publikum darüber auf, dass das Stück bereits seit einer Minute vorbei sei - cooler Rausschmiss.
Nicole Strecker, BALLETTANZ- Juni.09